Liebes Tagebuch,
ich bin umgesiedelt nach Frankfurt, als ich feststellen musste, dass man vom Berliner Flughafen ja kaum internationale Ziele erreicht. Doch das war eigentlich ohnehin unnötig. Aufgrund meiner angespannten finanziellen Lage und einer überraschend großen Zahl von Rückmeldungen auf meine Bewerbung wäre es sowieso unrealistisch gewesen, Gespräche überall vor Ort zu führen. Ich konnte mich mit allen interessierten Clubs auf Calls via Zoom einigen.
Dass sich so viele Vereine melden, habe ich nicht erwartet. Gibt es im portugiesischen Sprachraum vielleicht einen Trainer mit ähnlichem Namen, mit dem ich verwechselt werde? Zumindest haben aus Portugal und Brasilien gleich ein halbes Dutzend Teams bei mir angefragt. Ein Zoom-Call jagte den Nächsten – teilweise durfte ich vier Clubs an einem Tag meine Ideen präsentieren.
Nach über 20 Gesprächen war plötzlich das allererste Angebot da – aus China:

Wuxi Wugo steckt tief im Abstiegskampf der 2. chinesischen Liga. Das Jahresgehalt von 27.000 € reicht, um in China zu leben. Doch nach so vielen Gesprächen bin ich selbstbewusst. Ich wollte sehen, wer denn sonst noch so an mir interessiert ist (Besiktas aus der Türkei wurde es übrigens nicht, dort hat ein gewisser Hansi Flick angeheuert).
Ich bat um eine Woche Bedenkzeit, die akzeptiert wurde – und das lohnte sich. Bereits einen Tag später klingelte der FC Gifu aus der 3. japanischen Liga bei mir.
Mitten in der Saison ist das Team im Tabellenmittelfeld versackt. Doch man will trotzdem noch in die Top-5 kommen – obwohl man auf diese aktuell 12 Punkte Rückstand hat. Im Jahr darauf ist das Ziel sogar der Aufstieg.
Das ist ambitioniert – aber das passt zu mir. Japan ist dazu noch mein Traumland. Ich erhalt ein Jahresgehalt von 57.000 € – weit mehr, als ich mir bei meiner ersten Station erwartet habe.
Zudem bekomme ich sogar ein stattliches Transferbudget, um die Mannschaft zu verstärken. Knapp 2 Wochen habe ich dafür noch Zeit. Kenntnis über Spieler auf diesem Niveau und Ideen für Neuverpflichtungen habe ich natürlich nicht. Doch das habe ich beim Bewerbungsgespräche verschwiegen (und zum Glück wurde nicht so genau nachgefragt). Ich zögere nicht. Bevor es sich irgendjemand im Verein noch anders überlegt, unterschreibe ich meinen allerersten Vertrag als Cheftrainer eines Fußballvereins…
